Erinnern an die Opfer des Nationalsozialismus
Seit vielen Jahren werden im Coburger Stadtgebiet koordiniert durch die Kulturabteilung der Stadt Coburg Stolpersteine verlegt, um an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern. Am 23. November 2023 wurden sieben neue Stolpersteine verlegt, drei Steine wurden an einen neuen Standort versetzt.
Eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern der zehnten Klassen des Gymnasiums Casimirianum übernahm die feierliche Gestaltung der Verlegung der Stolpersteine für die Familie Kohn. Im Rahmen der Beschäftigung mit der Thematik des Erinnerns an Vergangenes recherchierten sie anhand von Quellen die Biografien der drei Familienmitglieder, um diese bei der Stolpersteinverlegung der Öffentlichkeit vorzustellen.
Siegfried Kohn wurde 1873 in Böhmen geboren. Im Jahre 1901 heiratete er seine Frau Hermine Kohn (geb. Kirschner) in Pilsen in Böhmen und zog daraufhin nach Coburg, um im selben Jahr noch ein Textilgeschäft zu eröffnen. Der Terror gegen Siegfried Kohn begann im Jahr 1933, als er nachts verhaftet worden ist und in die Prügelstube geschleppt wurde. Am 20. Oktober 1937 wurde Siegfried Kohn von einem NS-Fanatiker in seinem Ladengeschäft überfallen und mit mehreren Messerstichen niedergestochen.
Trotz des Todes ihres Mannes blieb seine Frau Hermine Kohn in Coburg. Ein Jahr später wurde sie in einem "Judenhaus" in der Ketschengasse unfreiwillig untergebracht. Am 24. April 1942 wurde Hermine Kohn nach Bamberg gebracht. Von dort aus wurde sie mit dem Zug nach Izbica bei Lublin deportiert. Wenige Monate später wurden um Izbica die ersten Vernichtungslager Belzec und Sobibor in Betrieb genommen. Es ist deshalb anzunehmen, dass Hermine Kohn in einem dieser Lager umgebracht wurde. Ihr Todesdatum ist unbekannt.
Ilse Kohn kam als zweites Kind von Siegfried und Hermine Kohn zur Welt, ihre beiden Geschwister starben bereits im Kindesalter. In ihrer Jugend erlebte sie einen immer stärker werdenden Antisemitismus und mit nur 26 Jahren Hitlers Machtergreifung, die das antisemitische Denken weiter vergrößerte und das alltägliche Leben der Juden in Deutschland noch schwieriger gestaltete.
Da sich der Nationalsozialismus in Coburg besonders früh durchsetzte, war es für die jüdischen Einwohner mit großen Schwierigkeiten verbunden, hier zu leben. Sie wurden gepeinigt, degradiert und beschimpft. Aus diesem Grund floh Ilse Kohn mit ihrem Ehemann Moses Pool nach Amsterdam, welchen sie zuvor in Coburg geheiratet hatte. Diese Ehe hielt jedoch nicht lange und Ilse Kohn arbeitete nach der Scheidung 1937 unter ihrem Mädchennamen als Haushälterin in Amsterdam. Nachdem 1939 der 2. Weltkrieg ausgebrochen war, marschierte 1940 die Wehrmacht in die Niederlande ein. Kurz darauf wurden auch die niederländischen Juden verfolgt und Ilse Kohn wurde 1942 in das Übergangslager Westerbork deportiert. Noch im selben Jahr, am 27.7.1942 wurde sie weiter nach Auschwitz gebracht. Dort wurde Ilse Kohn am 23.8.1942 im Alter von 36 Jahren ermordet.
Das Projekt war für die Schülerinnen und Schüler eine bereichernde Erfahrung, indem es die Möglichkeit eröffnete, das persönliche Schicksal von Coburger Jüdinnen und Juden nachzuvollziehen und ihren Lebensweg und ihre Leistungen auch schon vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten sichtbar zu machen.
StRin Alexandra Steger